BLICKWINKEL 360 GRAD: Förderkreis für Kunst und Kultur will mit Kreativ-Aktion Geld für die Renovierung der Bergkirche erwirtschaften und ruft zum Mitmachen auf
ARCHIV-ARTIKEL aus dem Bergsträßer Anzeiger vom 25.02.2014
ZWINGENBERG. Die demnächst anstehenden Renovierungsarbeiten an der Bergkirche Zwingenberg werden viel Geld kosten. Von der veranschlagten Million müssen voraussichtlich 200 000 Euro von der evangelischen Kirchengemeinde bezahlt werden. Als der Kirchenvorstand beim Neujahrsempfang der Stadt Zwingenberg an die Spendenbereitschaft der Bürger appellierte, löste dies beim Förderkreis für Kunst und Kultur eine kreative Idee aus:
Die Aktiven um Vorstandsmitglied Ulrike Fried-Heufel beschlossen, der Kirchengemeinde zu helfen und zugleich ihr eigenes Anliegen der Sensibilisierung für Kulturgüter zu stärken. Sie erarbeiteten mit dem Projekt “Blickachsen 360 Grad” einen “Aufruf an alle Zwingenberger und Rodauer zur künstlerischen Mitarbeit”. Ab sofort hängen im Stadtgebiet an vielen Geschäften, den Kirchen und der Sparkasse Plakate, die zu der Aktion aufrufen. Überall dort, wo ein Plakat hängt, können auch nähere Informationen über die Modalitäten eingeholt werden.
Teilnahme ab 16 Jahren möglich
Das Konzept fordert alle kunstinteressierten Bürger von Zwingenberg und Umgebung auf, soweit sie mindestens 16 Jahre alt sind, ein Kunstwerk zu gestalten, das sich erkennbar mit dem Motiv Bergkirche beschäftigt. Dazu sollten die Künstler sich zunächst auch physisch zur Bergkirche begeben. Wie sie ihre Eindrücke dann verarbeiten, ist völlig frei – es können Malereien, Zeichnungen, Collagen, Fotografien oder auch Plastiken angefertigt werden. Zwar soll die Bergkirche als Motiv – gegebenenfalls auch stark abstrahiert – immer zu erkennen sein. Gemäß dem Titel “Blickachsen 360 Grad” können und sollen aber auch ungewöhnliche Perspektiven eingenommen werden.
Ziel ist Verkauf, nicht Prämierung
Etwa so, wie Ulrike Fried-Heufel es bei ihrer Fotomontage für das Aktions-Plakat des Förderkreises gemacht hat, die die Kirche von der Rückseite zeigt. Ein weiteres Kriterium ist das Format: Die Arbeiten sollten nicht größer als DIN A1 und nicht kleiner als DIN A4 sein. Darüber hinaus gibt es aber keine Ausschlusskriterien, es finden auch keine künstlerische Betreuung und keine Jurierung statt: Alle Arbeiten, die den genannten Bedingungen entsprechen, werden in einer Ausstellung im November gezeigt und verkauft werden. Die Preise legen die Künstler selbst fest, allerdings sollte der Betrag zwischen 10 und 100 Euro liegen. Der gesamte Erlös geht an die evangelische Kirchengemeinde für die Erhaltung der Bergkirche.
Wer einen Beitrag zu dieser Aktion plant, der sollte sich möglichst bald auf den Weg zur Bergkirche machen: Voraussichtlich ab Mitte Mai beginnen schon die Renovierungsarbeiten. Dann wird das Gebäude eingerüstet, was den optischen Eindruck stark beeinträchtigen dürfte. Dennoch, darauf macht der Förderkreis für Kunst und Kultur aufmerksam, solle man auf den Besuch der Kirche keinesfalls verzichten, denn es gehe nicht nur um die kreative Beschaffung von Geldern, sondern in gleichem Maß um das kulturelle und spirituelle Erleben.
Mit der 1258 vom Mainzer Domkapitel genehmigten Bergkirche verfüge Zwingenberg nicht nur über ein bedeutsames Identifikationszeichen, so Ulrike Fried-Heufel, sondern wegen der noch erhaltenen mittelalterlichen Bausubstanz auch über ein historisch außergewöhnlich wertvolles Kulturgut. Bei einer vom Landesamt für Denkmalpflege beauftragten bauhistorischen Voruntersuchung wurde feststellt, dass die Dachtragwerke von Mittelschiff und Chor in ihrer Grundsubstanz noch aus dem Mittelalter stammen. Die bis spätestens Ende des 15.Jahrhunderts errichtete, unveränderte Holzkonstruktion des Chordachs ist eine für Hessen einmalige Tonnenkonstruktion.
Erheblicher Reparaturaufwand ist für die Erhaltung der Dachtragwerke erforderlich. Der Grund: ein 1958 erfolgreich bekämpfter Schädlingsbefall, durch den das Holz allerdings sehr hoch mit Schadstoffen belastet ist, was bei den anstehenden Renovierungsarbeiten umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen nötig macht.
Auch Schäden an den Fußpunkten der Dachkonstruktionen müssen behoben werden und der Einbau von horizontalen Zugbändern aus Stahl soll die Standsicherheit des Dachstuhls gewährleisten.
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 25.02.2014